Die Sommerzeit und damit auch die intensivste Urlaubszeit gehen langsam dem Ende zu und die Arbeitgeber sollten sich spätestens in dieser Jahresphase mit dem Thema Urlaub befassen. Die häufigsten Fragen, die wichtigsten Aspekte die Arbeitgeber bei der Urlaubsgewährung zwingend zu beachten haben und die möglichen Spielräume hier zusammengefasst:
Wieviel Urlaub steht Arbeitnehmern zu?
Bereits die Höhe des Urlaubsanspruchs sorgt oft für Spannungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Das Bundesurlaubsgesetz spricht von 24 Urlaubstagen im Jahr. Diese Anzahl trifft allerdings nur bei den Arbeitnehmern zu, die an sechs Tagen in der Woche, also von montags bis samstags arbeiten. In der Standardsituation eines Vollzeitarbeitnehmers, der Montag bis Freitag arbeitet, gibt es per Gesetz 20 Urlaubstage.
Der Urlaubsanspruch reduziert sich natürlich weiter, je weniger Tage in der Woche gearbeitet wird. Bei Teilzeitkräften richtet sich die Anzahl der Urlaubstage danach, an wie vielen Tagen in der Woche der jeweilige Arbeitnehmer eingesetzt wird.
Problematisch sind die Fälle in denen sich die Arbeitszeit unterschiedlich auf verschiedene Wochentage verteilt (wenn also z.B. Montag und Dienstag jeweils 8 Stunden, am Mittwoch aber nur 4 Stunden gearbeitet wird). Das Urlaubsrecht differenziert nämlich nicht danach, wie viele Stunden pro Tag gearbeitet wird, sondern bestimmt die Anzahl der Urlaubstage allein anhand der Arbeitstage pro Woche. In einer solchen Konstellation sollten Arbeitgeber daher darauf achten, dass die Mitarbeiter an allen Wochentagen, an denen normalerweise gearbeitet wird, Urlaub nehmen und nicht nur an den Tagen, an denen sie ohne Urlaub 8 Stunden gearbeitet hätten.
Urlaubsanspruch nur anteilig oder voll?
Der volle Urlaubsanspruch entsteht erst nach sechs Monaten im Arbeitsverhältnis. Endet das Arbeitsverhältnis vor der Erfüllung dieser Wartezeit, steht dem Arbeitnehmer der Urlaub nur anteilig zu. Auch beim Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte nach Ablauf der Wartezeit, bekommt der Arbeitnehmer nur anteilig Urlaub. Scheidet der Arbeitnehmer aber in der zweiten Jahreshälfte aus, steht ihm der volle Urlaubsanspruch für das ganze Jahr zu.
Wird ein Mitarbeiter in der zweiten Jahreshälfte eingestellt, sollten die Arbeitgeber unbedingt die Bescheinigung des vorigen Arbeitgebers über die bereits gewährten Urlaubstage verlangen. Durch diese Information können sie feststellen, wieviel Urlaub dem Arbeitnehmer tatsächlich noch zusteht. Ohne Vorlage dieser Bescheinigung kann die Urlaubsgewährung sogar verweigert werden. Dieser Aspekt wird durch viele Arbeitgeber vernachlässigt.
Wann verfällt der Urlaub?
Grundsätzlich muss der Urlaub in dem jeweiligen Urlaubsjahr gewährt und genommen werden. In vielen Betrieben wird aber geduldet, dass der Urlaub noch bis zum 31. März des Folgejahres genommen wird. Gesetzlichen Anspruch auf die Verlängerung des Bezugszeitraums haben die Arbeitnehmer allerdings nur, wenn der Urlaub bis zum Ende des Jahres nicht genommen werden konnte, beispielsweise wegen eines hohen Arbeitsaufkommens zum Ende des Jahres.
Verlängerte Verfallsfrist bei langer Krankheit
Kann Urlaub aber wegen einer längeren Krankheit nicht genommen werden, verfällt er erst zum 31. März des zweiten Folgejahres (Beispiel: Urlaub aus dem Jahr 2022 verfällt erst am 31.03.2024)
ACHTUNG! Ohne Hinweis kein Verfall!
Damit der Urlaub überhaupt verfallen kann, ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf diesen Umstand rechtzeitig hinzuweisen. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte muss der Arbeitgeber, wenn er feststellt, dass seine Arbeitnehmer den Urlaub noch nicht verbraucht/verplant haben, dazu auffordern, den Urlaub noch rechtzeitig zu nehmen und darauf hinweisen, dass er sonst zum Jahresende verfällt. Die Rechtsprechung geht nämlich davon aus, dass der Arbeitnehmer erst dann tatsächlich in die Lage versetzt wird, den Urlaub nehmen zu müssen und zu dürfen, was eine Voraussetzung für einen eventuellen Verfall wäre. Vernachlässigt der Arbeitgeber diese Pflicht, verfällt der Urlaub nicht, sondern geht auf das Folgejahr über.
Kann der Arbeitgeber Resturlaub auszahlen?
Der Urlaub muss im laufenden Beschäftigungsverhältnis immer in natura gewährt werden. Eine Auszahlung in Geld ist ausgeschlossen, weil es dem Erholungszweck widersprechen würde. Einen Urlaubsabgeltungsanspruch sieht das Gesetz nur vor, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und bis dahin die Urlaubstage nicht genommen werden konnten. Bei einer entsprechenden Ausgestaltung des Arbeitsvertrages und einer diesbezüglich korrekten Freistellungserklärung kann der Arbeitgeber den drohenden Urlaubsabgeltungsanspruch verhindern, indem er den Arbeitnehmer bis zur Beendigung freistellt.
Apropos „Erholungszweck“: Darf der Arbeitnehmer im Urlaub arbeiten?
Nein. Eine Erwerbstätigkeit im Urlaub ist verboten, wenn sie dem Urlaubszweck, also der Erholung, widerspricht
Was muss bei der Urlaubsgewährung beachtet werden?
Laut Gesetz sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers bei der Festlegung des Urlaubszeitpunktes zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber kann aber den Urlaubszeitraum vorgeben. Sollte der Arbeitnehmer diesem allerdings widersprechen, muss dies bei der Urlaubsplanung Beachtung finden.
In der Praxis ist es üblicher, dass der Arbeitnehmer den Urlaub beantragt und der Arbeitgeber diesen gewährt. Eine Selbstbeurlaubung ohne die Gewährung durch den Arbeitgeber ist aber unzulässig und würde einer Arbeitsverweigerung gleichkommen.
Verweigerung wegen Hochbetrieb
Der Arbeitgeber kann die Gewährung verweigern, wenn in einer bestimmten Jahreszeit ein erhöhter Arbeitsbedarf besteht (Beispielsweise kann der Arbeitgeber in einer Eisdiele, in der im Sommer Hochbetrieb herrscht, den Urlaub im August verweigern).
Was passiert, wenn mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig Urlaub nehmen wollen?
Die Urlaubsgewährung kann auch dann verweigert werden, wenn die Urlaubswünsche mehrerer Arbeitnehmer miteinander kollidieren. Hier muss der Arbeitgeber entscheiden, wem er Urlaub gewährt und wer sich einen anderen Zeitpunkt aussuchen muss (Beispielsweise darf der Arbeitgeber den Wunsch eines Familienvaters, der seinen Urlaub in den Schulferien nehmen will, dem Wunsch eines kinderlosen Singles vorziehen).
Können Betriebsferien unter Anrechnung der Urlaubstage angeordnet werden?
Grundsätzlich ist die Festlegung des Urlaubs auf eine bestimmte Zeit im Jahr (Betriebsferien/Betriebsurlaub) möglich. Hierfür benötigt der Arbeitgeber aber eine klare Regelung im Arbeitsvertrag mit einer entsprechenden Ankündigungszeit. Zudem muss dem Arbeitnehmer noch ein Anteil des Urlaubs zur freien Verfügung stehen. Betriebsferien, die wegen ihrer Länge den kompletten Jahresurlaub verbrauchen würden, sind nicht zulässig.
Was passiert, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub ist und krank wird?
Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, hat er grundsätzlich einen Nachgewährungsanspruch. Das bedeutet, dass die Krankheitstage, die auf den Urlaub gefallen sind, dem Urlaubskonto gutgeschrieben werden müssen. Das gilt allerdings nur, wenn die Krankheit durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen ist.
Was ist bei der Quarantäne in Zusammenhang mit Corona zu beachten?
Ob die Regeln zur Krankheit auch dann gelten, wenn der Arbeitnehmer im Urlaub in die Corona-Quarantäne muss (ohne selbst krank zu sein) ist noch nicht endgültig geklärt und wird von verschiedenen Landesarbeitsgerichten unterschiedlich beantwortet. Die endgültige Klärung dieser Rechtsfrage durch das Bundesarbeitsgericht steht noch aus.
Wann kann der Arbeitgeber den Urlaub kürzen?
Reduziert sich die Anzahl der Wochentage, an denen gearbeitet wird, so verringert sich natürlich auch die Anzahl der Urlaubstage.
Der Arbeitgeber hat darüber hinaus die Möglichkeit, beispielsweise während der Elternzeit, den Urlaub anteilig zu kürzen. Tut er das nicht, erwirbt der Arbeitnehmer auch für die Zeit, in der er aufgrund der Elternzeit nicht arbeitet, den vollen Urlaubsanspruch.
Der Urlaubsanspruch reduziert sich ebenfalls für Zeiten der Kurzarbeit, allerdings nur für die Zeiträume, in denen die Arbeit vollständig entfallen ist (Kurzarbeit null).
Welche Gestaltungsmöglichkeiten haben die Arbeitgeber?
Bezüglich des gesetzlichen Urlaubsanspruchs hat der Arbeitgeber kaum Möglichkeiten, von den geltenden Regeln des Bundesurlaubsgesetzes abzuweichen. In den meisten Betrieben gewähren die Arbeitgeber aber mehr Urlaub, als den Arbeitnehmern gesetzlich zusteht. Bezüglich dieses Mehrurlaubs dürfen andere Regeln aufgestellt werden. So kann beispielsweise der Urlaubsverfall und die Kürzung des Urlaubs bei unterjährigem Ausscheiden vereinbart werden. Bei den entsprechenden vertraglichen Klauseln ist allerdings auf die strikte Trennung zwischen dem gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaub zu achten. Trifft der Arbeitgeber keine expliziten Sonderregelungen bezüglich des übergesetzlichen Urlaubs, gelten auch für diesen die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes.
Fazit
Urlaub ist ein sehr wichtiges arbeitsrechtliches Thema, bei dem der Arbeitgeber vieles falsch machen kann. Insbesondere das Unterlassen des Hinweises auf den Verfall zum Ende des Jahres birgt ein erhebliches finanzielles Risiko, weil es dazu führt, dass sich die Urlaubsansprüche mehrerer Jahre kumulieren können.
Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung zum Urlaub aufgrund des Europarechts im ständigen Wandel ist. Damit es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zu unnötigen Spannungen kommt, empfiehlt sich, stets auf klare Regelungen in den Arbeitsverträgen zu achten und die Entwicklungen der Rechtsprechung im Blick zu behalten. Dann können sich die Arbeitnehmer über den Urlaub und die Arbeitgeber über die frisch erholten Mitarbeiter freuen.
Haben Sie Fragen zum Urlaubsrecht? Wir helfen Ihnen gerne. Nehmen sie hierzu Kontakt zu uns auf.