In der Zeit des Fachkräftemangels sind qualifizierte Arbeitnehmer ein rar gesätes Gut. Unter diesen Umständen wundert es nicht, dass die Arbeitgeber nicht selten bereit sind in die Qualifizierung der eigenen Arbeitnehmer zu Investieren. Häufig werden nicht nur die Kosten für die Fortbildung selbst, sondern auch die Reisekosten etc. übernommen. Zudem werden die Mitarbeiter, wenn die Fortbildung nicht gerade am Wochenende stattfindet, für die Zeit der Weiterqualifizierung (bezahlt) freigestellt.
Bei derartigen Investitionen haben die Arbeitgeber großes Interesse daran, dass die Arbeitnehmer nach der Fortbildung lange im Unternehmen bleiben. Um das Risiko der Kündigung kurze Zeit nach der Fortbildungsmaßnahme abzusichern, werden Fortbildungsvereinbarungen mit einer Rückzahlungsklausel geschlossen.
Ein kürzlich vom BAG entschiedener Fall (BAG, Urteil vom 01.03.2022 – 9 AZR 260/21) zeigt, dass die Arbeitgeber bei der Formulierung der Fortbildungsvereinbarungen, vor allem bei den Rückzahlungsklauseln aufpassen müssen, um nicht am Ende doch auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Was ist passiert?
In dem konkreten Fall ging es um eine Altenpflegerin die eine Fortbildung zum „Fachtherapeut Wunde ICW“ absolviert hat. Für diese Fortbildung würde die Arbeitnehmerin freigestellt. Die Lohn- und Fortbildungskosten in Höhe von rund 4.000,00 EUR übernahm die Arbeitgeberin.
In der Fortbildungsvereinbarung legten die Parteien eine sechsmonatige Bindungsdauer der Arbeitnehmerin fest. Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb dieser Zeit sollten die Kosten (anteilig) von der Arbeitnehmerin zurückgezahlt werden. Die Rückzahlungsklausel sah im Falle einer Eigenkündigung vor, dass die Arbeitnehmerin die Kosten zurückzahlen muss, wenn die Kündigung auf einem von der Arbeitgeberin nicht zu vertretenden Grund beruht.
Die Freude der Arbeitgeberin über die neue Qualifikation der Arbeitnehmerin dauerte nicht lange. Diese kündigte nämlich noch wenige Tage vor der Beendigung der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist. Die Arbeitgeberin verlangte daraufhin einen Teil der Kosten der Fortbildung zurück und berief sich auf die Fortbildungsvereinbarung und die darin enthaltene Rückzahlungsklausel.
BAG: Rückzahlungsklausel unwirksam
Die Rückzahlungsklausel in der Fortbildungsvereinbarung war nach Auffassung der Erfurter Richter unwirksam, weil sie die Arbeitnehmerin unangemessen benachteiligte. Bei einer Kündigung durch die Arbeitnehmerin selbst, sah die Rückzahlungsklausel die Kostenerstattung vor, wenn die Arbeitgeberin den Kündigungsgrund nicht zu vertreten hat. Im Umkehrschluss erfasste die Klausel also auch diejenigen Kündigungen der Arbeitnehmerin die durch einen Grund bedingt war, die auch sie nicht zu vertreten hatte. Sie hätte die Fortbildungskosten also z.B. auch dann zurückzahlen müssen, wenn sie selbst wegen einer Krankheit gekündigt hätte. Dies führte nach Auffassung des BAG zu einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmerin. Wäre sie nämlich dauerhaft nicht in der Lage gewesen ihre Arbeitsleistung zu erbringen, würde die Arbeitgeberin, auch ohne die Kündigung nicht von den erworbenen Qualifikationen profitieren können. Die Arbeitnehmerin wiederrum würde in einem sinnentleerten (und bei längerer Krankheit unbezahlten) Arbeitsverhältnis feststecken, weil sie sonst zu befürchten hätte bei einer Eigenkündigung die Fortbildungskosten zurückzahlen zu müssen. Diese (mögliche) Folge führte zu einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmerin und folglich zu einem ersatzlosen Entfall der Rückzahlungsklausel.
Fazit
Eine im Ergebnis nachvollziehbare Entscheidung die deutlich zeigt, dass bei der Formulierung der Fortbildungsvereinbarung besonderes Fingerspitzengefühl gefragt ist. Wenn ein Arbeitgeber bereits im Vorfeld einer Fortbildungsmaßnahme an den Abschluss einer entsprechenden Fortbildungsvereinbarung mit Rückzahlungsklausel denkt ist es schon mal positiv. Das nutzt allerdings wenig, wenn am Ende des Tages die Vereinbarung unwirksam ist. Die Arbeitgeber sollten daher bei der Formulierung der entsprechenden Klauseln vorsichtig zu sein um am Ende des Tages nicht doch auf den eigenen Kosten sitzen zu bleiben. Den Arbeitgebern sollte auch klar sein, dass sie das Risiko einer solchen Investition zwar abmildern aber nie vollständig ausschließen können.
Worauf achten bei Rückzahlungsklauseln?
Transparente und Ausgewogene Regelung
Die Fortbildungsvereinbarungen werden in seltenen Fällen individuell ausverhandelt und unterliegen daher in der Regel der AGB Kontrolle. Aus diesem Grund müssen die Arbeitgeber besonders darauf achten, dass die Rückzahlungsklausel transparent formuliert ist und die Rechte beider Parteien im hinreichenden Maße Berücksichtigung finden.
Bindung darf nicht zu lang sein
Schon bei der Bindungsfrist ist Vorsicht geboten. Hier müssen die Arbeitgeber stets die konkrete Situation also die Dauer der Fortbildungsmaßnahme und ihre Kosten im Auge behalten. Je länger die Fortbildung und je höher die Kosten, umso länger darf die Bindungsdauer ausgestaltet sein. Die Angemessenheit der Bindungsfrist hängt auch davon ab, ob die Fortbildung einen generellen Nutzen für den Arbeitnehmer hat oder auf das Konkrete Arbeitsverhältnis „maßgeschneidert“ ist. Je nach den Umständen des konkreten Falles kann eine Bindungsfrist von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren angemessen sein.
Transparenz
Aus der Fortbildungsvereinbarung muss klar hervorgehen, welche Kosten der Arbeitnehmer zurückzahlen muss, wenn er die Bindungsfrist nicht einhält. Auch das ist nicht unproblematisch, weil die Kosten im Vorfeld häufig nicht exakt beziffert werden können. In diesem Fall muss der Vereinbarung zumindest klar entnommen werden können, welche Kosten erfasst sind (z.B. die Kosten der Veranstaltung, Reisekosten, Übernachtungskosten etc.).
Reduzierung des Rückzahlungsbetrages im Laufe der Zeit
Der Rückzahlungsbetrag darf nicht für die gesamte Bindungsdauer starr festgelegt sein, sondern muss sich parallel zum Ablauf der Bindungsfrist reduzieren. Diesem Prinzip liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die Investition für den Arbeitgeber im Laufe des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers amortisiert.
Differenzierung nach Kündigungsgründen
Schließlich darf die Rückzahlungsklausel das Kündigungsrecht nicht sachwidrig beschränken. Der Aktuelle fall zeigt deutlich, dass bei diesem Punkt Vorsicht geboten ist. Ist die Klausel unwirksam spielt es übrigens keine Rolle, was die Ursache der Kündigung im konkreten Fall war. Eine besonders „ungeschickte“ Formulierung kann sogar bei einer (wirksamen) verhaltensbedingten Kündigung zum Entfall der Rückzahlungspflicht führen.
Haben Sie Fragen zu Fortbildungsvereinbarungen oder Zweifel an der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel? Wir helfen Ihnen gerne. Nehmen sie hierzu Kontakt zu uns auf.